Montag, 15. August 2011

Vom Tänzer zum Choreographen




TANZSZENE RHEIN-NECKAR
Mario Heinemann Jaillet ist Leiter von MS-Tanzwerk

Mario Heinemann Jaillet ist Leiter der von ihm gegründeten Compagnie MS-Tanzwerk, seit etwa vier Jahren auch der Theaterakademie Mannheim sowie Dozent an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart.
Nach einer von radikalen Wechseln geprägten Laufbahn als Tänzer und Choreograph hat er in Mannheim gefunden, was er verwirklichen
wollte.

Mario Heinemann ist Absolvent der renommierten Palucca Schule in Dresden. Schon als Neunjähriger war er ins Ballett-Internat gesteckt worden; mit 13 war ihm klar, dass er Tänzer werden wollte. "Ich bin ein Gewächs der DDR pur", lächelt er heute, "als hoffnungsvoller Künstler privilegiert, aber in ein enges Korsett gezwängt." Nach der Ausbildung trater, wie die meisten jungen Tänzer, ins EWE ein, ins Erich-Weinert-Ensemble in Ostberlin. Die Mitglieder mussten nicht in der Nationalen Volksarmee dienen, aber vor ihr zur Erbauung tanzen und die rote Fahne schwingen. Während seiner Ausbildungszeit in Dresden nahm Mario Heinemann an einem Treffen ostdeutscher und französischer Choreographen teil. Es war das prägende Erlebnis seiner Jugend. Nach dem Fall der Mauer gründete er mit Holger Bey das Freie Tanztheater Berlin. Gleichzeitig studierte er Choreographie an der Hochschule Ernst Busch und schloss mit Auszeichnung ab. Es drängte ihn in die künstlerische Freiheit des Choreographierens und in die räumliche Freiheit der weiten Welt. Er tanzte in vielen Ländern und stellte eigene Choreographien vor. Pina Bausch und Johann Kresnik waren seine Leitbilder.Er macht aber kein choreographisches Theater, sondern Tanztheater,in dem die Betonung auf Tanz liegt. In einem festen Engagement hielt es Mario Heinemann nie lange. In Cottbus und Greifswald war er eine Weile als Tänzer und Choreograph beschäftigt. "Es war das Eingespielte", sagt er. "Ich kriege mein Geld, komme über die Runden. Aber warum mache ich das?" Mit dem "Mut der Verzweiflung" habe er sich wieder in die freie Szene gestürzt.1995 folgte Mario Heinemann einer Einladung des französischen Kulturministers Jacques Lang nach Paris. Dort verliebte er sich und heiratete die Tänzerin Sophie Jaillet aus der Suisse Romande. Gemeinsam gründeten sie 2000 in Heidelberg die freie Compagnie MS-Tanzwerk. Sie wurde auf viele Festivals eingeladen und errang in New York den begehrten Fringe Award für Choreographie. 2006 gewann Mario Heinemann Jaillet den Stuttgarter Theaterpreis. Mario kümmert sich um die Choreographie, Sophie um die Produktion. Äußerst kritisch gegenüber der Leistungsfähigkeit des eigenen Körpers, haben sie aufgehört, selbst zu tanzen. Sie arbeiten mit wechselnden professionellen Tänzerinnen und Tänzern. Nach dem Tänzer Mario Heinemann Jaillet ist jetzt nicht nur der Choreograph am Ball, sondern auch der Pädagoge. In Stuttgart an der Staatlichen Hochschule und an der Theaterakademie Mannheim. Er ist hier für den Bereich Tanz und Bewegung zuständig und teilt sich mit der Regisseurin Silvana Kraka in die Leitung.Aus der pädagogischen Arbeit wurde eine neue Leidenschaft. Zusammen mit der Tänzerin und Tanzpädagogin Gaelle Morello hat Mario Heinemann Jaillet das Projekt "Tanz bewegt Schule" ins Leben gerufen. In zwei Grundschulen in Mannheim- Waldhof erproben Kinder der zweiten Klasse, was Tanz ist. Mario Heinemann Jaillet fühlt sich in Mannheim wohl mit allem, was er hier tut. Ein sicheres Auskommen? "Das hat man als freier Künstler nie", sagt er, "aber die Freiheit künstlerischer Arbeit. Ich sage schon meinen Studenten: Es ist eure persönliche Entscheidung, ob ihr im festen Engagement in einer Compagnie tanzen oder euch selbständig durchschlagen wollt." Für letzteres gebe es in der Rhein-Neckar-Region mancherlei Möglichkeiten. Nach Berlin zieht es ihn im Moment nicht zurück.

Quelle: Rheinpfalz
Foto: Kunz-Hartmann

Keine Kommentare: