Schönheit ist nur eine abstrakte Größe
Er ist hässlich. Unfassbar hässlich. Eine Tatsache, Herrn Lette selbst bislang nicht bewusst, die sich nun zur unüberwindlichen Karrierebarriere auswächst - Handlanger Karlmann soll auf Geheiß des Chefs Lettes neuentwickelten "Starkstromstecker" an den Mann bringen. Dieser gilt zwar gemeinhin als inkompetent, sein Erscheinungsbild allerdings als ungleich weniger geschäftsschädigend. Zum Glück tut die moderne Medizin in Marius von Mayenburgs derber Komödie einen Lösungsweg auf: "Der Hässliche" wird zum unwiderstehlichen Glanzstück plastischer Chirurgie. Mittels mikrofonverstärkter OP-Orgie erfährt die Abschlussinszenierung der Theaterakademie Mannheim ihre folgenschwere Wendung, wachsen Lettes (Markus Schultz) berufliche und sexuelle Erfolge auf der reduzierten Felina-Areal-Bühne sprunghaft an, während Zuwendungen seiner Gattin (Canan Kir) in umgekehrt proportionalem Verhältnis schwinden.
Geschuldet ist das allein dem synthetischen, reproduzierbaren Antlitz. Es wird zum Verkaufsschlager seines Schöpfers (Benjamin Dami), und bald steht Lette einer sein Gesicht tragenden Phalanx gegenüber - der Mensch als entindividualisierte Ressource.
... Nationaltheater-Ensemblemitglied Sven Prietz versteht bei seinem Regiedebüt das maßvolle Haushalten mit dem schlüpfrigen Pointenreigen.
db
Quelle: Mannheimer Morgen, Montag, 02.04.2012
Foto: Simone Cihlar
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